Dienstag, 11. September 2012

6. Station Koniḉa: Keine Schule, keine Ausbildung und keine Luft für „freiwillig“ Ausgereiste


Unser sechster Besuch führt uns in eine Kleinstadt in Ostmazedonien. Unsere Freunde, eine sechsköpfige Familie, die sich in Hamburg intensiv an den Bleiberechtskämpfen beteiligt hat, waren eine der ersten, die von der Ausländerbehörde zur freiwilligen Ausreise gezwungen wurde. 
 Inzwischen wohnt die Familie an einem steilen Hang in einem baufälligen Haus, dessen eine Hälfte sie nicht nutzen können, weil das Dach jederzeit ganz einstürzen kann. So wohnen die Sechs in anderthalb nicht isolierten Zimmern, was in der Sommerhitze deutlich besser zu ertragen ist als in den strengen Wintern. Für dieses Haus bezahlt die Familie umgerechnet 50 € Miete im Monat, mit fünf Euro am Tag für 12 Stunden Erntearbeit bringen sie kaum die Miete auf, weil es diese Arbeit auch nur selten gibt.
Eine von den beiden kleinen Mädchen hat den ersten harten Winter, in den hinein die Familie „freiwillig“ abgeschoben wurde, mit ihrer Gesundheit bezahlt: ohnehin mit Atemwegsproblemen belastet setzte sich durch eine dreimonatige Bronchitis so fest, dass das Kind jetzt ein Asthma bronchiale ausgebildet hat. 
Die größere der beiden Kleinen ist glücklich, weil sie seit zwei Tagen einen Kindergarten besuchen kann. Dies ist nur möglich, weil es eine Organisation in dem Ort gibt, die den Monatsbeitrag für Romakinder übernimmt, sonst wäre dieser „Luxus““ unbezahlbar für die Familie. 

Die beiden großen Kinder – inzwischen 18 und 16 Jahre alt – haben in den 14 Monaten Hamburg sehr gut deutsch gelernt und dies auch trotz der vielen Monate in Mazedonien nicht vergessen. Nachdem beide in Hamburg gerne und mit Erfolg zu Schule gingen, teilen sie nun das Schicksal der meisten Romajugendlichen in Mazedonien: sie haben nichts zu tun. Weder gibt es die Möglichkeit, weiter zur Schule zu gehen, weil sie zu alt dafür sind, noch können sie eine Ausbildung machen, weil es keine Plätze und schon gar nicht für Roma gibt und weil ihre deutschen Schulzeugnisse nicht anerkannt werden. Im Unterschied zu vielen ihrer Altersgenossen haben sie aber in Hamburg die Möglichkeiten kennengelernt, die für Jugendliche in ihrem Alter eigentlich selbstverständlich sein sollten: zur Schule gehen und eine Ausbildung machen.

Die Familie war vor allem deshalb nach Deutschland gekommen, weil die damals 15-jährige Tochter "geklaut", d.h. gegen ihren Willen verheiratet werden sollte. Das bedeutet für die jungen Frauen dann Haushalt, Kinderkriegen und keinerlei Aussicht mehr auf Schule, Ausbildung und Beruf. Trotz dieser Gründe wurde die Familie von der Ausländerbehörde gezwungen, "freiwillig" auszureisen. Die heute 18-jährige ist nicht die einzige mit diesem Problem: vielen der zur Ausreise gezwungenen oder abgeschobenen Mädchen steht eine Heirat gegen ihren Willen oder allein aus wirtschaftlichen Gründen bevor.  

das beste in Mazedonien ist unsere Oma! sagen die kinder




Sein arbeitswerkzeug ist kaputt. Wir suchen ein Bass für Mazedonien.




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