Samstag, 8. September 2012

4. Station Vranska Banja: Kein Wasser für die Häuser der Romafamilien


4. Station Vranska Banja: Kein Wasser für die Häuser der Romafamilien
Vranska Banja ist ein Kurort mit Quellen in einem Flusstal mit viel Wasser. In dem heruntergekommen Hotel fließt das Wasser genau wie am Brunnen vor dem Kurhaus Tag und Nacht.
Nicht so in der Romasiedlung etwas talabwärts. Außen zeigen viele dieser Häuser, wieviele der Romafamilien in Europa gearbeitet haben oder noch arbeiten, wenn sie nicht abgeschoben wurden. Nur wenn man die Familien besucht, bekommt man mit, dass das Wasser nur nachts für etwa eine Stunde läuft. Genau dies hatten wir bereits vor einem Jahr erfahren. Die Menschen können ihren bescheidenen Wohlstand nur sehr eingeschränkt nutzen, weil es den örtlichen Behörden offensichtlich wichtiger ist, dass der Brunnen vor einem baufälligen Hotel läuft, als dass die Romasiedlung mit Wasser versorgt wird.

In der Straße ist es stiller als sonst – es wird getrauert. Ein junger Mann Anfang vierzig ist gestorben. Er ist aus Snejanas Familie, der wir die Broschüre über unsere Reise 2011 gewidmet hatten. Sie erlag 2011 ihrem Krebsleiden, dass nach ihrer Abschiebung aus Deutschland nicht mehr behandelt werden konnte. Wir treffen ihren Sohn Ivica, der sich sehr für die Rechte von Romas engagiert, und nun wieder in Trauer ist.

In der Siedlung treffen wir überall auf Menschen, die in Deutschland gearbeitet haben. So erzählt uns ein Roma, der in Deutschland aufwuchs, dann mit der Familie zur freiwilligen Ausreise gezwungen wurde, dass er später alleine zurückkehrte, um als Taxifahrer in Diepholz/Niedersachsen seine in Serbien lebende Familie zu ernähren. Als der gut integrierte Mann seine Familie nachholen wollte, wurde sie Hamburg zugewiesen, wo die Frau und die Kinder in einem Lager leben mussten. Vor einem Jahr wurden dann plötzlich alle zur freiwilligen Ausreise gezwungen. Der Taxifahrer war trotzdem begeistert, sich über Deutschland unterhalten zu können und zeigte sich als großer Fan der nordostniedersächsischen Tiefebene. Aber er darf eben nicht dort leben. Für ihn ist der Grund klar: weil er Roma ist. Rassismus in Diepholz genau wie in Vranska Banja. Usko, der Sohn der Familie, die wir besuchen drückt es anders aus: „Nur wer Glück hatte konnte bleiben.“

Die Gegend ist bekannt für die vielen Romamusiker, die teilweise weltbekannt sind. In Vranje besuchen wir das Denkmal von Bakija Bakic, einem legendären Trompeter.
Usko sollte eigentlich vor zwei Tagen sein Stipendium bei einer Musikschule in Hamburg antreten, damit dort sein Talent gefördert wird. Auch diese Chance hat die Ausländerbehörde nicht zugelassen. Gemeinsam besuchen wir eine Romahochzeit, bei der der Enkel der Trompeterlegende Ekrem Mamutovic seine gerade preisgekrönte Mischung aus traditioneller Romamusik und Jazz mit seinem Orchester zum Besten gibt: die ganze Straße tanzt dazu.
 In den nächsten Tagen stellen wir ein ausführliches Interview zur Romamusik in Vranje und Umgebung und zu den Arbeitsbedingungen der Musiker auf den Blog.


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